Ich habe es immer wieder mit der Beurteilung von Menschen zu tun. Einerseits will ich Menschen nicht in Schubladen stecken und andererseits passiert das immer wieder ganz automatisch – das Bewerten. Angeblich auch ein Relikt aus der Evolution, weil wir Situationen und Menschen blitzschnell einordnen mussten um zu entscheiden, ob dieser Mensch ein Freund oder ein Feind ist. Also ein ÜberlebensMECHANISMUS. Als ich vor einigen Jahren begann Meditation intensiver zu praktizieren dachte ich mir: “Du meine Güte, was bin ich für ein wertender Mensch!” Das lag aber einfach daran, dass ich angefangen habe meine Gedanken in der Stille der Meditation überhaupt erst mal bewusst mit zu bekommen. Das Etikettieren hat mir geholfen meine Gedanken zu “sortieren” und den Prozess des Bewertens zu entlarven. Ich bewerte immer noch blitzschnell, aber dann erinnere ich mich, dass Gedanken nur Vorschläge sind. Ich muss sie nicht glauben.
Andererseits leben wir in einer Leistungsgesellschaft und im Job spielt die Bewertung eine große Rolle. In der Firma in der ich arbeite gibt es dafür einen ganzen Prozess mit einem System über das sich prächtig streiten lässt. Weil es natürlich nicht gerecht ist – nicht gerecht sein kann, weil Menschen die Bewertung vornehmen. Objektivität herrscht vielleicht in den Wissenschaften, wobei sich z.B. in der Quantenphysik herausgestellt hat, dass so ein Teilchen ganz anders reagiert bzw. sich zeigt, wenn es beobachtet wird. Halleluja! Wie soll es dann bei Menschen objektiv zugehen?! Wir haben in diesem System ein Tool, mit dem sich jeder ein 360 Grad Feedback einholen kann. Also eher einholen muss. Jedes Jahr aufs Neue. Von Kollegen, Mitarbeitern, anderen Vorgesetzten um sicher zu stellen, dass der böse Chef einen nicht zu schlecht beurteilt und der Bonus wirklich gerecht verteilt wird (nicht möglich – siehe oben). Als (nicht ganz so böse) Vorgesetzte finde ich das 360 Grand Feedback im Gegenteil sehr hilfreich, weil die Bewerter anonym dann doch etwas ehrlicher sind in ihrer Einordnung und den Formulierungen im Freitext. Das hilft mir in der Argumentation um die Eigenwahrnehmung des/der Kandidat:In zu hinterfragen. Was trotzdem nicht immer ankommt. Aber das ist dann auch nicht mehr unbedingt mein Thema. Ich kann es einfach stehen lassen. Mir über das Verhalten ein Urteil bilden. Tief ausatmen und das Urteil damit wieder aus meinem System “hinauswerfen”.
Ich wünsch Dir einen guten Start in die neue Woche.
Transformation des Urteilens: Eine Atemtechnik von Osho. Knapp 2 Minuten.
Dazu vorneweg ein paar Worte von ihm zu diesem Thema, die bei mir resonieren. Das muss bei Dir nicht der Fall sein. Aber für den Fall dass… : “Dein Urteil sagt mehr über dich selbst aus als über den anderen. Dein Urteil enthüllt etwas über dich nicht über die Person, die du beurteilt hast – denn ihre Geschichte bleibt dir verborgen. Ihr wahres Wesen bleibt dir verborgen. Jeglicher Zusammenhang fehlt, da gibt es nur ein momentanes Aufblitzen. Deine Interpretation bleibt immer DEINE Interpretation, und sie sagt etwas über DICH aus. Wenn das gesehen wird, hört das Urteilen auf.” Dazu noch eine Einordnung von meiner Coaching Ausbilderin: Es gibt ein werten ohne zu bewerten. Eine Hilfestellung. Ein Spiegel. Ein wohlwollendes Feedback.
Herbstzauber: Mal sehen, ob ich das am Sonntag im Pullacher Wald entstandene Foto für einen Fototransfer benutzen kann.
Le Hi: Breathe (Südkoreanisch) Ich verstehe natürlich kein Wort von dem Lied. Aber es geht um den Atem. Ich hoffe auch ums Ausatmen. Und es gefällt mir.