Es gibt Dinge, für die ich mir (aus meiner Sicht) einen Orden verdient hätte. Dazu gehören so banale Dinge, wie die Unterlagen für die Steuererklärung zusammenzustellen und meinem Steuerberater zur Bearbeitung zu übergeben. Dabei bekomme ich hinterher, wenn alles gut geht, sogar Geld zurück. Allerdings nicht unbedingt durch meine Vorarbeit, sondern durch die Zeit und das Geschick die mein Steuerberater da rein steckt…
Oder ein quälendes Reklamationsgespräch mit der Telekom zu führen, weil das W-LAN instabil ist, dass darin mündet, dass per DHL ein neuer Speedrouter bei mir landet. Insgeheim überlege ich zu diesem Zeitpunkt, ob ich von meinem Widerrufsrecht Gebrauch machen soll um folgendes NICHT tun zu müssen: Den Speedrouter 4 eigenständig anschalten, damit er sich verbindet. Er macht das völlig selbständig, aber ich habe hinterher das Gefühl eine großartige IT Leistung vollbracht zu haben. Wenn dann jetzt die Teams-Besprechungen wieder mit Video funktionieren bin ich reif für den IT-Nobelpreis in der Kategorie “Digitaler Weltbürger”…
Vielleicht geht es Dir ja auch so? Es kann z.B. sein, dass man insgeheim einen roten Teppich ausgerollt und persönlich begrüßt werden möchte, wenn man anstatt mit dem Auto (günstiger) mit der Bahn (fast doppelt so teuer!) fährt, obwohl man vollkommen davon überzeugt ist, mit der Wahl der Bahn das Richtige zu tun. Und schwupps bin ich bei einem sehr interessanten Thema, das im Rahmen des KLIMAHERBSTES diskutiert wurde. Diese Veranstaltungen finden seit 17 Jahren!! im Oktober in München statt und erst jetzt haben sie meine Aufmerksamkeit durch eine Anzeige in der SZ, die ich zufällig gekauft habe (ich lese ja eigentlich die Zeit), erlangt.
Wir waren auf einem Stadtteil Spaziergang in Untergiesing am Sonntag vor einer Woche und haben uns zum diesjährigen Thema “Klimagerechtigkeit” vermitteln lassen, dass Untergiesing auch bei einem Jahrhunderthochwasser nicht versinken würde. Das liegt an der Renaturierung der Isarauen, die zwischen 2000 und 2011 durchgeführt wurde. Das Ganze hat 35 Mio Euro gekostet. Wir können uns das leisten. Ob das jetzt gerecht ist, darüber kann man streiten. Dann waren wir am letzten Dienstag bei einem Vortrag mit dem Thema: “(K)ein neues Bewusstsein. Eigentlich sollte das Thema “Lebensweise und Denkweisen hinsichtlich der Klimakrise und der damit verbundenen Frage nach Gerechtigkeit” aus psychologischer Sicht von Cornelia Betsch einer deutschen Psychologin und Professorin für Gesundheitskommunikation beleuchtet werden. Leider konnte sie krankheitsbedingt nicht teilnehmen. So hat der Philosoph Ivo Walliman-Helmer in einem Impulsvortrag auf sehr sympathische Weise seine Sicht erläutert. Was bei mir hängen geblieben ist, dass es neben den technischen Lösungen auch eines neuen Willens und einer neuen Handlungsbereitschaft bedarf. Hierbei ist die moralische Überforderung des Menschen zu berücksichtigen, der für Taten im Jetzt keine direkte, konkrete Auswirkung verspürt. Ursache und Wirkung sind entkoppelt. Und die Zusammenhänge sind nach wie vor nicht bei der breiten Masse angekommen. Das wäre jedoch erforderlich um den o.g. neuen Willen und Handlungsbereitschaft zu entwickeln. Es geht darum eine neue lustvolle Haltung zu generieren, die bei allem Verzicht (hier ist auch die Frage, was brauche ich wirklich um Teil der Gesellschaft sein zu können, ganz individuell zu klären) die Freude an einem anderen, nachhaltigem Leben in sich trägt. Eine Veränderung der Gesellschaft weg von Konsumismus und Silo- bzw. Wachstums-Denken hin zur Freude an Gemeinschaft und Miteinander in einer möglichst intakten Natur. Ohne die Angst von Moralaposteln dirigiert zu werden. Es geht darum Vorbilder zu etablieren. Die trotz aller menschlichen Widersprüche, die ich z.B. sehr deutlich in mir wahrnehme, und ohne an diesen zu verzweifeln, ein Leben in Verantwortung und Freude führen. In einem weiteren Workshop mit dem Titel “Verzichten für den Klimaschutz – warum gerade wir” erhielt ich für mich die Antwort, dass ich – in meiner Generation – zu den Profiteuren der Industrialisierung (geprägt von hohem fossilem Verbrauch und somit CO2-Ausstoß) gehöre. Das heißt für mich Verantwortung übernehmen, neu ausrichten und handeln in einer Weise, die mir richtig erscheint, und dafür KEINEN Orden zu erwarten.
Ich wünsche Dir einen guten Start in die neue Woche!
Musik: Herbert Grönemeyer “Behutsam” Froh, wenn Dein Wort klingt….Froh, wenn Dein Herz springt!
Interessante Diskussion mit dem Philosophen Ivo Walliman-Helmer