Ich habe den Eindruck länger als eine Woche Urlaub gehabt zu haben. Das fühlt sich gut an und schenkt mir für den Start im homeoffice Leichtigkeit und Neugierde.
Von letztem Dienstag bis Samstag Abend waren wir im Allgäu. Winterurlaub. Ferienwohnung. Toll! ? Mit Schneestapfen, Kaminofen einheizen und auf dem Sofa rum lümmeln, tanzen, kochen und genießen. Rauhnachtsausklang. Eine andere Welt. Ich bekomme vorgelesen. Aus dem Buch “Hast Du uns endlich gefunden” von Edgar Selge. Wolfgang ist schon fast in der Mitte angekommen und gibt mir zum Einstieg eine Zusammenfassung über die wesentlichen Gegebenheiten und die Protagonisten. Edgar Selge hat eine frische Art zu schreiben. Offen und ohne (falsche?) Scham erzählt er aus seiner Kindheit – gut bürgerlich. Dieses Wort habe ich von Wolfgang erklärt bekommen – ich bin ein Arbeiterkind. Nachkriegszeit. Selge ist 17 Jahre älter als ich. In diesem Fall bin ich vom Glück der “späten” Geburt “gesegnet”. Kein Krieg, kein Hunger, keine Vertreibung, keine direkte Schuld. Dankbarkeit. Meine Eltern waren 13 und 15, als der Krieg 1945 zu Ende ging. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie je davon erzählt hätten. Muss mal meine Geschwister fragen, ob die vielleicht noch Erzähl-Erinnerungen zum Auskramen haben.
Den ganzen Sonntag Zeit um anzukommen in meinen vier Wänden. Das mag ich gern, wenn zwischen Urlaub und Arbeit noch ein bisschen Luft ist. Eine lange Yoga- und Meditationsstrecke vor dem Frühstück. Rumsanteln während die Waschmaschine läuft. Am Nachmittag habe ich die Einladung von einem meiner beiden Neffen und seiner Freundin zur Wohnungsbesichtigung wahrgenommen und mich von meinem Bruder und Schwägerin nach Neuaubing kutschieren lassen. Die Schlüsselübergabe war am 5. Januar und schon wurden Wände rausgerissen, Fliessen abgeschlagen, Bauschutt abtransportiert und Löcher in der Wand zugespachtelt. Ein größeres Projekt zum Start des neuen Jahres – geplant für ca. 3 Monate mit vielen helfenden, und vor allem kundigen, Händen. Es wird ganz bestimmt großartig. Ich habe in der Richtung nichts aufzuweisen – lebe schon immer in Mietswohnungen (und sage trotzdem “in meinen vier Wänden”). Das EigentumsGEN fehlt mir komplett, ich glaube sogar die Phantasie dazu. Und so freue ich mich mit den beiden über ihren Mut, den Tatendrang und jeden Fortschritt in den eigenen vier Wänden – na ja im Moment gehören die eher noch der Bank.
Und dann gibt es eine winzige Traurigkeit – meine Wohnung fühlt sich an diesem Sonntag Abend “leerer” an als sonst. In meinem Wohnzimmer war es total still, kein Straßenlärm und im ganzen Haus ist nichts los. Na klar! Ich fühle den Unterschied zwischen zweisam und allein sein. Nochmal nachspüren. Bevor ich mich der neuen “Zeit” widmete – die ist im Urlaub definitiv zu kurz gekommen.
Ich wünsche Dir einen guten Start in die neue Woche. Das Jahr nimmt langsam Fahrt auf
Die Collage zeigt spontan ausgewählte Wörter und Bilder aus der Wochenzeitung “Zeit” vom 30.12.21 bis zum 05.01.22
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