elisabeth hauner

kunst

Werte und rote Linien
14. März 2022

Letzte Woche war ich mit meinem early-bird völlig unzufrieden. Ich hatte das Gefühl, dass er einfach unpassend, banal und völlig daneben war. Dass ich daneben war. Und das stimmt auch – ich stand noch neben mir. Gerade aus der Starre erwacht. Ich hatte den Wunsch etwas besonderes zu schreiben und habe mich völlig überfordert damit. Aus heutiger Sicht hätte ich schreiben können, dass ich es erst einmal  lasse, weil ich den Eindruck habe, dass nichts von dem was bei mir gerade passiert wirklich passend ist.

Ich habe überlegt den early-bird insgesamt zu lassen, weil ehrlich – was habe ich in diesen Zeiten schon wesentliches zu berichten? Ich habe angefangen mich zu vergleichen mit Menschen, die ich persönlich kenne. Die ebenfalls einen Newsletter schreiben. Keine gute Idee. Im Team werde ich nicht müde meinen Jungs zu sagen, dass sie sich nicht vergleichen sollen – das bringt nur Unzufriedenheit. Ha! Erwischt!

Dann habe ich mir mehrere Podcasts angehört. Habe mein Rauhnachtstagebuch 2021/2022 rausgezogen, mich auf den Balkon gesetzt und etwas gemacht, das ich mir eigentlich für den Januar vorgenommen hatte. Meine Werte aufzuschreiben. Und zu jedem Wert, was ich denn genau damit meine? Was bedeutet der Wert Spiritualität für mich? Oder der Wert Freundschaft? Was fällt mir zur Partnerschaft ein? Zu Familie, Gesundheit, Nachhaltigkeit/Bioökologie und Tierwohl? Was bedeutet Frieden, Soziale Gerechtigkeit, Kultur/Kreativität und Neues lernen für mich? Und wo sind diese roten Linien, die nicht überschritten werden dürfen? Und was zum Teufel mache ich, wenn sie überschritten werden? Das war wichtig für mich, denn nur wenn ich meine Werte kenne, kann ich dafür eintreten. Aus der Ohnmacht/Opferhaltung rauskommen und in die Aktion gehen. Ich habe (endlich) kapiert, dass die Welt nicht nur gut ist. Das hätte ich schon längst verstehen können. Kriege und Ungerechtigkeiten gibt es nicht erst seit dem 24. Februar 2022! Aber nicht so nah und dieser Tragweite für Europa und die ganze Welt. Ich war auf der ersten Demo in meinem Leben! Ich bin noch nie für etwas auf die Straße gegangen. In meinem 56 Jahren nicht! Ich habe mich in meine “Blase” von Wohlwollen, liebende Güte und “einen Umgang finden, mit dem was ist”, zurück gezogen. Meine Angst vor Überforderung hat mich diesen Raum schaffen lassen, indem ich mich fast ausschließlich um mich gedreht habe. Und es hat wirklich lange “funktioniert”. Ich kann reflektieren, woher das kommt, aber es geht verdammt nochmal so nicht weiter!

Ich habe (noch) keine Ahnung, wie es weiter geht, ich weiß nur, dass ich genauer hinschauen muss. Dass ich was tun muss. Spenden war das erste was mir eingefallen ist. Die Demo war ein Anfang – ich mag es nicht in Mitten so vieler Menschen zu sein – aber damit kann ich wenigstens zeigen, dass ich es nicht in Ordnung finde. Also werde ich versuchen mehr Kraft daraus zu schöpfen, als es mich kostet das zu tun. Ich werde mich mehr fordern (und trotzdem auf mich aufpassen).

Heute bin ich o.k. mit dem early-bird.

Kein Jammern, weil ich wegen Omikron nicht zum Malkurs ins Allgäu konnte. O.k. – ich war echt enttäuscht. Aber nachdem ich nur geringe Symptome hatte/habe, ist es dann auch gut damit “durch zu sein” . Ich kann mich am Mittwoch frei testen und bin dann 4G. Anscheinend brauche ich zwischendrin einfach mach mal Zeit “in der Form einer Quarantäne” um wieder klar denken und vor allem fühlen zu können.

 

Ich wünsche Dir einen guten Start in die neue Woche!  

 

Diesmal die Zeitschnipsel aus der Wochenzeitung “Zeit” vom 03. bis zum 09. März 2022

 

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